Finanznot: Städte schlagen Alarm
Beitrag für den Newsletter Finanzbildung mit Wissen rund um Wirtschafts- und Geldthemen

Die Finanzsituation in den deutschen Städten und Kommunen hat sich zuletzt drastisch verschlechtert, wie eine Umfrage unter 100 Mitgliedern des Deutschen Städtetags im Februar ergab: 95 Prozent der befragten Finanzdezernate haben die Haushaltslage in den kommenden fünf Jahren als „eher schlecht“ oder „schlecht“ eingeschätzt. Mit einer „eher guten“ oder „ausgeglichenen“ Prognose rechnen hingegen nur zwei Prozent der Teilnehmer. In der Vergangenheit hatte noch eine deutliche Mehrheit der Städte ihre Haushaltslage als „eher gut oder ausgeglichen“ beurteilt. Der Deutsche Städtetag vertritt die Interessen aller kreisfreien und der meisten kreisangehörigen Städte in Deutschland.
Konkret hat die Umfrage auch ergeben, dass der Anteil der Städte, die mit ihrem Haushalt auskommen, ohne auf Rücklagen zurückgreifen zu müssen, noch einmal deutlich gesunken ist. Waren es schon im vergangenen Jahr nur 21 Prozent gewesen, werde dieser Anteil 2025 auf voraussichtlich 6 Prozent sinken, so die Umfrage des Städtetags. 47 Prozent schaffen den ausgeglichenen Haushalt nur, indem sie vorhandene Rücklagen auflösen. 37 Prozent der Städte können keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, 9 Prozent wollten noch keine Einschätzung treffen.
Steigende Sozialausgaben
Was aber sind die Ursachen für die finanziellen Probleme vieler Kommunen? Es sind vor allem die kommunalen Sozialausgaben, die in den vergangenen Jahren rasant gestiegen sind, teilweise um mehr als 100 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. So hätten sich beispielsweise die Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe, die zu mehr als 80 Prozent von den Kommunen finanziert wird, in diesem Zeitraum von 32,8 Milliarden Euro auf 67,6 Milliarden Euro erhöht, vor allem durch den massiven Ausbau der Kinderbetreuung. Deutlich höhere Ausgaben gibt es auch bei den Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen, bei der Pflege, beim Wohn- und beim Bürgergeld. Darüber hinaus bemängelt der Deutsche Städtetag, dass Städte zu häufig von Bund oder Land mit zusätzlichen Aufgaben beauftragt werden, die nicht abschließend finanziert sind.
Selbst Städte, die in der Vergangenheit als vermögend galten, kommen nun an ihr Limit. Können sie auf keine Reserven zurückgreifen, sind unangenehme Beschlüsse unvermeidlich, denn das Ausweichen in Schulden ist auf kommunaler Ebene nur die Ultima Ratio. Den Städten und Gemeinden bleiben zunächst die Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen, die Ausgaben zu senken, oder beides zu kombinieren.
Einnahmen steigern…
Um die Einnahmen zu steigern, könnten die Kommunen die Gewerbesteuer erhöhen. Die Gewerbesteuer muss von allen in der Gemeinde ansässigen Gewerbeunternehmen gezahlt werden und stellt die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen dar. Sie orientiert sich am Gewinn des Unternehmens pro Wirtschaftsjahr. Die Kommune legt die sogenannten Hebesätze eigenständig fest und könnte diese also erhöhen, um mehr Steuergeld einzunehmen. Problem an der Sache: Eine Stadt, die ihren Unternehmen zu stark an die Gewinne geht, läuft Gefahr, dass diese Unternehmen sich in anderen Kommunen ansiedeln. Der Spielraum der Städte ist hier also begrenzt.
Höhere Gebühren wiederum, etwa für den Abfall und die Straßenreinigung, sind per se unpopulär, zumal sie in vielen Fällen auch schon recht hoch sind. Und höhere Entgelte für die Bibliothek oder das Schwimmbad sind auch nur eingeschränkt möglich. Deshalb müssen viele Kommunen an die Ausgabenseite ran.
… oder Ausgaben senken
Dabei geraten vor allem jene Bereiche unter Druck, deren Finanzierung für Städte nicht verpflichtend sind, darunter Sport- und Kulturangebote. Die Mittel würden allerdings nicht nur im Freizeitbereich gekürzt. Auch bei der Ausstattung von Schulen müssten viele Kommunen sparen. Teils führe die prekäre Lage der Städte dazu, dass Bus- und Bahnlinien gestrichen werden, statt diese auszubauen.
Angesichts dessen fordert der Städtetag eine Trendwende in Sachen kommunaler Finanzen. Dafür müssten Städte und Gemeinden stärker an den Einnahmen aus Gemeinschaftssteuern wie der Mehrwertsteuer beteiligt werden, so eine Forderung. Bei den Kommunen läge etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben, sie hätten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen, wird argumentiert. Gleichzeitig dürften Bund und Länder keine steuerpolitischen Entscheidungen mehr treffen, die in den Kommunen zu Einnahmeausfällen führten.
Hoffnung Sondervermögen
Die Forderungen, darunter auch die Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse, wurden vor der Bundestagswahl formuliert. Inzwischen haben Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit ein Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro beschlossen; das Geld wollen Bund und Länder in den nächsten zwölf Jahren in die Modernisierung des Landes investieren. 100 Milliarden Euro gehen dabei direkt an die Bundesländer, die wiederum – so die Hoffnung der Kommunen – vieles davon an die Städte und Gemeinden weiterreichen dürften. Dies könnte ihre Finanzlage zumindest etwas entspannen. Wie viel allerdings tatsächlich bei ihnen ankommt, bleibt vorerst offen.